Motiv (Musik)

In der musikalischen Formenlehre bezeichnet der Begriff Motiv (von lateinisch movere = bewegen; spätlateinisch motivus = beweglich) die kleinste sinntragende musikalische Einheit. Sie ist ein typisches, herausgehobenes und einprägsames Gebilde, das als charakteristische Tonfolge für eine Komposition oder einen ihrer Formteile von Bedeutung ist und auch vom Hörer so wahrgenommen werden kann.

Ein Motiv kann als kleinster Baustein (eines musikalischen Gedankens) bereits aus nur zwei Tönen bestehen, zum Beispiel als aufsteigende Quarte (Jagdmotiv) oder als absteigende kleine Terz (Kuckucksmotiv). Die Abgrenzung des Motivs ist meistens durch Phrasierungseinschnitte, Pausen und andere Zäsuren hörbar gemacht.

Ein Motiv hat die Kraft zur Verselbstständigung: Es kann im weiteren Verlauf der Komposition wiederholt, auf andere Tonstufen versetzt, verändert oder mit anderen Motiven verbunden werden. Darum ist das Motiv im Unterschied zu einer Begleitfigur oder Verzierung als melodische Keimzelle einer musikalischen Entwicklung in einem Werk anzusehen.

In der Klassik wird das Motiv durch seine vielfältige Verarbeitung zentraler Bestandteil der Komposition. Haydn entwickelte diese Kompositionsweise entscheidend weiter und wurde damit zu einem Begründer der „klassischen“ Musik. Ludwig van Beethoven setzte die Verwandlung und Kombination von Motiven als elementares formbildendes Element ein. Fast alle auf ihn folgenden Komponisten wie Schubert, Brahms, Tschaikowski, Bruckner und Mahler setzen diese Tradition fort. Auch in der Dodekaphonie spielt die motivisch-thematische Arbeit eine zentrale Rolle.


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